[Rezension] Landnahme von Christoph Hein

Bernhard Haber ist zehn, als er 1950 mit seinen Eltern aus Breslau in
eine sächsische Kleinstadt kommt, wo man Vertriebene und Ausgebombte
lieber heute als morgen wieder abreisen sähe. Zwar werden Handwerker
gebraucht, und Bernhards Vater ist Tischler, aber die Einheimischen
bestellen ihre Möbel natürlich nicht bei dem Fremden. 
Christoph Hein erzählt die Lebensgeschichte Bernhard Habers über
fast fünfzig Jahre aus der Sicht und mit den Stimmen von fünf
Wegbegleitern.
Es ist der Lebenslauf eines Außenseiters in der Provinz,
der mit der großen Geschichte scheinbar nichts zu tun hat und doch den
Verlauf deutscher Geschichte vom zweiten Weltkrieg bis zur
Jahrtausendwende exemplarisch spiegelt. 
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Christoph Hein, Suhrkamp, Einzelband
382 Seiten, 5 Kapitel, Taschenbuch
ISBN: 978-3-518-45729-0, 11,00€, Kaufen
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Christoph Hein

wurde am 8. April 1944 in Heinzendorf/Schlesien geboren.
Nach Kriegsende zog die Familie nach Bad Düben bei Leipzig, wo Hein
aufwuchs. Ab 1967 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie
und Logik und schloss sein Studium 1971 an der Humboldt Universität
Berlin ab. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor an der
Volksbühne Berlin. Der Durchbruch gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle Der fremde Freund / Drachenblut.
Hein wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Uwe-Johnson-Preis und Stefan-Heym-Preis. Q (Werbung)

Meine Meinung:

Dieses Buch habe ich zugegebenermaßen nicht ganz freiwillig gelesen. Dadurch das wir im Deutschunterricht gerade Nachkriegsliteratur behandeln und dieses Buch mit auf dem Lehrplan steht, darf ich jetzt in meinen zweiwöchigen Ferien diesen „Deutschland – Roman“ lesen. Aber erstaunlicherweise war es gar nicht so eine große Qual, wie ich es zuerst erwartet hatte. Es geht um Bernhard Haber, ein Vertriebener, wie er von vielen auch nach vielen Jahren noch immer definiert wird. Er kommt 1950 von Breslau nach Sachsen, da deutsche Ländereinen nun zu Polen gehören und sein Vater als „Deutscher“ dort nicht mehr willkommen ist. Aber in Sachsen ist er es auch nicht und das bekommt Bernhard bereits in der Schule zu spüren.
Ich sah zu Bernhard hoch, der gleichmütig neben unserer Band stand. Ich bewunderte ihn. Ich war nicht so stark wie er, ich könnte nicht stundenland neben der Band stehen und irgendetwas verweigern, warauf die Lehrerin, der Direktor und die ganze Klasse nun schon eine Ewigkeit warteten.
– „Thomas Nicolas“, S.64
Die Geschichte von Bernhard Haber, die beinahe 50 Jahre umfasst, wird von fünf Zeitgenossen erzählt, die alle in Beziehung zu unserem „Protagonisten“ stehen: Thomas Nicolas (sein Banknachbar von der 3. bis zur 7. Klasse), Marion Demutz (seine Freundin für 3 Jahre), Peter Koller (ein Freund, mit dem er später ein „Geschäft“ aufbaut), Katharina Hollenbach (die Schwester seiner Freundin und später Frau) und Sigurd Kitzerow (sein wohl langjährigster und treuester Freund). Aus Bernhards Sicht selber wird nie berichtet, sodass man sich nur dessen Charakter und dessen Gedanken aus den Erzählungen der anderen zusammenreimen kann, was ich wirklich recht interessant finde. Jedoch muss ich leider auch sagen, dass mich ein paar der Protagonisten, vor allem die beiden Frauen, ziemlich genervt haben.
„Vielleicht brauchte es erst das Blut meines Vaters, meines unschuldigen Vaters, dass ich hier heimisch werde, dass man mich akzeptiert.“
– Bernhard in „Sigurd Kitzerow“, S. 367
Bernhard Haber an sich ist meiner Meinung nach ein wirklich interessanter Charakter und ich konnte mich gut mit ihm identifizieren, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie schlimm das alles für ihn sein muss. Sein ganzes Leben wird durch Vorurteile anderer und die daraus resultierende Ausgrenzung bestimmt, bis schließlich Sigurd Kitzerow es schafft, ihn zu integrieren. Die beiden zeichnet eine Freundschaft aus, die mich zum Ende des Buches noch einmal etwas aufgebaut hat. Zu den Charakteren an sich und wie sie mir gefallen haben, möchte ich nichts weiter sagen, da das diese Rezension inhaltlich sprengen würde, jedoch finde ich an allen von ihnen, bis auf Thomas Nicolas, etwas, dass mich richtig genervt hat, auch wenn ich es meistens nach einer Weile ausblenden konnte. Man kann sich bei diesem Buch nicht weigern, es als unheimlich authentisch zu bezeichnen, was sich vermutlich gerade durch diese nervigen Charaktere auszeichnet.

Fazit:

Auch wenn mich weder Klappentext noch Cover ansprechen und ich dieses Buch auch nicht freiwillig gelesen habe, bin ich dennoch positiv überrascht wurden. Die Geschichte um Bernhard Haber, aber auch die Geschichten von unseres Protagonisten, konnten mich mitreißen und begeistern. Hätten mich einige ihrer Charaktereigenschaften und auch die ständigen Wiederholungen und Einschübe von Handlungssträngen nicht so genervt, dann hätte ich dieses Buch vermutlich in einem oder zwei Tagen gelesen.
Liebe Grüße, eure Sophia

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