[Rezension] Das Haus der tausend Welten von T.S. Orgel

Das Leben in den verwinkelten Gassen Atails ist hart, vor allem, wenn man nicht zu einer der großen Magierfamilien gehört. Die Straßenzauberin Stern schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben, als ihr eines Tages der Schlüssel zum Haus der tausend Welten in die Hände fällt, das einst der Sitz der Magiergilde war. Der Legende nach soll es unendlich viele Räume beherbergen, gefüllt mit Schätzen und Artefakten, die selbst aus einfachen Zauberern die mächtigsten Magier der Welt formen können. Gemeinsam mit ihren Gefährten Fuchs, Ako, Baelis und Salter macht Stern sich auf den Weg dorthin. Aber sie sind nicht die Einzigen, die die Geheimnisse des Hauses ergründen wollen. Noch ahnen die Schatzsucher nicht, was im Inneren des Hauses wirklich auf sie wartet …

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Meine Meinung

Für mich ist es mittlerweile beinahe zur Tradition geworden, jeden März – denn eher schaffe ich es zumeist nicht – vor der Buchmesse den neuen Roman von Tom und Stephan Orgel zu lesen. Seit ihrer Blausteinkriege-Trilogie konnten sie mich mit jedem ihrer Bücher, auch mit diesem neuesten, wunderbar unter- und in Atem halten. Dieses neue Abenteuer erzählt von einer Welt, in denen Shao es wenigen erlaubt, besondere Kräfte zu benutzen. Diese göttliche Kraft ist auch einigen der auftretenden Charaktere gegeben, während sich andere allein mit Muskel- und auch Geisteskraft durchs Leben und schließlich durch das Haus der Tausend Welten – im Buch benannt als Gasthaus zur Aufgehenden Sonne, wenn sich dort auch nur der Eingang zu diesem befindet – zu kämpfen. Nach einem überraschend kurzen Prolog, der uns dem späteren Schauplatz schon einmal zu einem viel früheren Zeitpunkt in der Geschichte näherbringt, lernen wir unsere Helden, wenn man sie denn als solche bezeichnen mag, kennen. Für mich allerdings bringen sie neben einigen Makeln und kleineren Charakterschwächen vor allem Mut, Gerissen- und Klugheit mit sich. Schlagfertigkeit ist bei einigen von ihnen auch nicht zu wenig angesiedelt, weswegen dieser Buch von den Orgel – Brüdern wie erwartet mit vielen unterhaltsamen Kommentaren anmutet.

 

Sechs Bewaffnete an seinem Fuß. Vielleicht Helden, vielleicht aber auch Räuber auf einem Beutezug. Der Unterschied war ohnehin nicht so groß. Die einen gaben vor, für das Gute zu kämpfen, die anderen waren einfach nur ehrlicher.
– S.214

 

Nach der beinahe übermächtigen Charakterflut, die dem Leser in den Blausteinkriegen gegenüberstand, haben sich die Autoren hier – ob bewusst oder nicht – für eine kleinere und angenehmere Anzahl von Figuren entschieden. So fiel es mir leichter, mich mit jedem einzelnen von ihnen vertraut zu machen, ihre Ticks und Tricks zu verstehen und sogar ein wenig lieb zu gewinnen. Den Gefahren, denen sie sich bereits seit der ersten Seite ihrer Geschichte stellen müssen, blickt man mit ihnen gemeinsam dank der detailreichen Schilderungen ins Auge und spürt nicht nur ihre Aufregung und Panik, sondern auch ihre Angst, sowie ihren Überlebenswillen. An den Charakteren und ihren Entwicklungen, ihren teils spannenden Offenbarungen, habe ich absolut nichts zu bemängeln, stattdessen sogar zu loben. Mit diesen Helden könnte ich mit viele weitere Abenteuer vorstellen, nachdem ich ihnen und auch der Welt, in der sie sich bewegen näher gekommen bin. Einzig an dieser Stelle muss ich anmerken, dass der Einstieg für noch nicht mit dem Stil der Orgels vertraute Leser möglicherweise überfordernd wirkt: die Welt rückt dem Leser mit unheimlich vielen neuen, unbekannten Wörtern und Dingen näher, die man als in gewisser Weise erfahrener Leser auszublenden weiß. Andere hingegen könnten die umso mehr authentischen Gedankengänge und dadurch nicht immer vorhandenen, im Nachhinein auch nicht besonders wichtigen Erklärungen verunsichern. Man wird als Leser in die Welt geworfen, ähnlich einer unserer Protagonistinnen Ako, ohne sich darin auszukennen.

 

Mein Fazit

Ein Aufeinandertreffen fantastischer Charaktere, welche bald schon nicht mehr nur gegeneinander, sondern auch um ihr Leben und ihren freien Willen kämpfen. Faszinierende Schilderungen, beängstigende Kulissen, coole Sprüche und eine großartige Botschaft – ein rundum gelungener Fantasy – Roman!

 

T.S. Orgel

Hinter dem Pseudonym T. S. Orgel stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann beschäftigt, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in fantastische Welten. Nach einer Reihe von Kurzgeschichten und elektronischen Veröffentlichungen erschien 2012 ihr erster gemeinsamer Roman »Orks vs. Zwerge«, für den sie im Oktober 2013 den Deutschen Phantastik Preis für das beste deutschsprachige Debüt erhielten. Q

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