[Rezension] Durch die Nacht und alle Zeiten von Eva Völler

Die 16-jährige Lori verkleidet sich für ein historisches Festival wie ein Mädchen aus der Zeit von Napoleon. Während eines Gewitters verliert sie die Besinnung. Als sie wieder zu sich kommt, begegnet sie dem jungen Engländer Thomas, der ebenfalls historisch kostümiert ist. Wegen seiner altmodischen Ausdruckweise hält Lori ihn für ziemlich verwirrt. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass Thomas wirklich aus dem Jahr 1813 stammt. Lori will ihm bei der Rückkehr in seine Zeit helfen, aber dann ist da auf einmal dieses Knistern zwischen ihnen beiden …

Quelle, Leseprobe, Kaufen

 

Was ich zu sagen habe…

Das dies das erste Buch sein würde, welches ich aus bzw. von der Bloggerjury erhalte, hätte ich nie gedacht. Sonderlich oft bin ich durch zugegebenermaßen nicht unterwegs, doch als ich dieses etwas kitschige, aber dennoch liebenswürdige Cover entdeckte und mich der Klappentext mit seinem partiellen Setting im napoleonischen Frankreich anteaserte, konnte ich einfach nicht anders und musste es anfragen. Ich erwartete eine sehr jugendliche und auch etwas humorvolle Geschichte mit einigen coolen Zeitreise-Elementen und aus der Zeit gerissenen Konversationen und genau das erhielt ich auch – trotzdem hat mich das Buch nicht vollkommen von sich überzeugen können.

Der Einstieg gelang mir gut, doch die Geschehnisse, welche Loris Leben aus den Fugen heben sollen, sind mir zu fantastisch beschrieben und werden auf übertriebene und mich die Augen verdrehen lassende Weise am Ende reflektiert. Mich hat fasziniert, dass wir uns mit Lori nicht direkt in der Vergangenheit wiederfinden, sondern uns mit anderen Zeitreisenden konfrontiert sehen, wobei ich ihren Umgang mit und ihr Unglauben gegenüber der Situation äußerst authentisch und nachvollziehbar, doch wie deren Umstände verbildlicht werden, hat mir wenig zugesagt. Zugegebenermaßen lese ich derzeit nicht viele Jugend- und Kinderbücher und habe mich trotz vieler humorvoller Äußerungen und vor allem den unterhaltsamen, intertextuellen Referenzen dennoch an einigen kleineren Hyperbeln gestoßen. Vor allem zum Ende hin wirkte das Buch auf mich nicht vollends ausbalanciert, sondern einen Tick zu magisch gewollt.

„Nur wenige [Menschen, die durch die Zeit reisen].“ Das Lügen fiel mir zusehends leichter. „Die Möglichkeiten sind sehr eingeschränkt. Wie gesagt, der Mensch hat die Kräfte noch nicht völlig unter Kontrolle. Angeblich gibt es in Schottland spezielle Steinkreise, durch die man in die Vergangenheit reisen kann. Doch man hat keine Garantie, lebendig durchzukommen, geschweige denn wieder zurück, weshalb es kaum einer versucht. In Amerika gab es im letzten Jahrhundert einen Wissenschaftler namens Brown, der ein Zeitreisefahrzeug entwickelt hat, einen DeLorean. Doch er verschwand mit ihm in der Zukunft, und kehrte nicht zurück.“
– S.99

Lori als unsere Protagonistin war eine bunte Mischung und doch zumeist authentisch, ebenso empfinde ich ihren Kompagnon Thomas und ihre Familie, sie wir auf faszinierende Weisen präsentiert bekommen. Was mich besonders begeistern konnte, ist die alternative Realität unserer Welt und das Gedankenspiel der Autorin damit, wie Europa heutzutage aussehen würde, wäre Napoleon nicht geschlagen wurden. Von daher verbindet dieses Jugendbuch auf unterhaltsame Weise Fantasie und Historie, Gegenwart und gar eine Art dystopische (zumindest für Lori) Realität. Das Wechselspiel dieser Genre und Elemente haben mir gut gefallen und mich unterhalten, wenn mir auch der Schreibstil und die jugendhafte Ausprägung einiger Stränge nicht vollends zusagt.

Fazit: Eine wundervolle, fantasievolle und packende Lektüre für jugendliche LeserInnen, die ihnen historische Geschehnisse rund um Napoleon, aber auch Mut und die erste große Liebe näherbringen. Eva Völler entführt uns aus der Gegenwart in die Vergangenheit, aber auch in ein Paralleluniversum voller Spaß und Überraschungen.

 

Meine Bewertung:


Mehr zur Autorin:

Eva Völler hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem verdiente sie zunächst als Richterin und Rechtsanwältin ihre Brötchen, bevor sie die Juristerei endgültig an den Nagel hängte. „Vom Bücherschreiben kriegt man einfach bessere Laune als von Rechtsstreitigkeiten. Und man kann jedes Mal selbst bestimmen, wie es am Ende ausgeht.“
Die Autorin lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen. Q

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