[Rezension] Die Schneekönigin. Kristalle aus Eis und Blut von C.E. Bernard *Rezensionsexemplar*

Jeder kennt ihre Geschichte: Weit im hohen Norden lebt die Schneekönigin in ihrem kalten Palast. Sie ist ein Monster, das Kinder entführt und Eiskristalle in ihre Herzen treibt. Doch ich glaube nicht daran. Im Gegenteil: Ich will, dass die Schneekönigin mein Kind rettet! Denn die Gunst des Winters und seiner eisigen Stürme gehört meinem Reich seit Generationen. Erst als am Tag der Winterwende ein geheimnisvoller Luchs auftauchte, sandte die Schneekönigin mir ihren Zorn. Doch ich werde ihre drei Prüfungen bestehen und meinen Sohn retten. Sogar, wenn ich dabei selbst zu Eis erstarren werde …

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Ein Retelling der besonderen Art

C.E. Bernard habe ich nicht nur als Autorin kennengelernt, die sich federleicht fantastische Welten aus den Fingern saugt, sondern in ihnen auch Charaktere zum Leben erweckt, die unsere Herzen schneller schlagen lassen. Mit Rea habe ich vier Bände und einige revolutionäre Kämpfe beschritten. Auch mit ihrer Wayfarer-Reihe habe ich bereits öfters geliebäugelt. Doch für dieses neue Werk aus ihrer Feder hat sie sich nicht alles neu erdacht. Sowohl die Charaktere, als auch das Setting haben ihren Ursprung in den Märchen Hans Christian Andersens. Als Fan von Märchen und Retellings, aber zugleich als Person, die nicht allzu im Detail vertraut war mit seiner Schneekönigin, war ich ungemein gespannt auf diese Neuerscheinung. Und ich wurde auf mehreren Ebenen überrascht.

 

Die Geschichte entführt uns in ein historisches, kaltes Setting, doch die Charaktere sind uns unmittelbar nahe.

Unsere Protagonistin Gerda ist voller Liebe und Glaube. Sie würde für ihren Sohn alles tun – und wird es auch. Zugleich glaubt sie auf wundervolle, rührende Weise an die Geschichten, die sie aus Kindertagen kennt. Jedes Jahr zum Mitwinter singt sie das Lied der Schneekönigin, um diese zu ehren und ihr für das Gefrieren des Fjords zu danken. Nur in diesem Winter ermöglicht es das Eis ihr und ihren Untergebenen nicht, alle Rohstoffe mit dem Festland auszutauschen. Ist ihr Glaube nicht mehr stark genug? Können sie wirklich abgeschieden von allen Menschen in ihrer Burg überleben? Als auch noch ihr Sohn Urik dringend medizinische Hilfe benötigt, bricht Gerda zu der einzigen Person auf, die den Weg zum Festland für sie bereiten kann.

 

Auf ihren Weg begegnet Gerda fantastischen Wesen und erlebt magische Begebenheiten.

Je weiter sie in den Norden kommt, desto märchenhafter werden die Ereignisse, desto metaphorischer die Herausforderungen, denen sie sich stellen muss. Doch hinter all dem Zauber verbirgt die Autorin zahlreiche, rührende Wahrheiten und ganz persönliche Kämpfe. C.E. Bernard gelingt es sicher nicht nur zu meinem Gefallen, diese fantasievolle Erzählung mit unseren modernen Problemen zu verknüpfen und damit ein sozialkritisches, doch zugleich unterhaltsames, packendes und rührendes Buch zu schreiben. Zudem überrascht sie, indem sie uns nicht das Ende schenkt, welches wir erhoffen, sondern unsere Erwartungen an dieses Retelling geschickt über den Haufen wirft. Damit schafft sie ein originelles, mitreißendes Leseerlebnis, das von einer anderen Zeit erzählt und doch nicht passender für unsere aktuellen Umstände sein könnte.

 

Fazit

Feministisch und aufgeweckt webt C.E. Bernard in Hans Christian Andersons bekanntes Märchen sozialkritische, neue fantastische und rührende Elemente ein. Fans des Märchens, aber auch Menschen, die dieses nur oberflächlich kennen, schenkt sie dabei ein mitreißendes, emotionales und zum Nachdenken anregendes Leseerlebnis, welches historisches Setting und gegenwärtige Probleme geschickt ausbalanciert.

 

 


Die Autorin:

C.E. Bernard ist das Pseudonym von Christine Lehnen, die 1990 im Ruhrgebiet geboren wurde und seitdem in Kanada, den Vereinigten Staaten, Australien und Paris gelebt hat. Sie studierte die Fächer English Literatures and Cultures und Politikwissenschaft, seit 2014 lehrt sie Literarisches Schreiben an der Universität Bonn. Daneben promoviert sie an der University of Manchester über Neuerzählungen des Trojanisches Krieges, erwandert das Siebengebirge und mentoriert zukünftige Talente für PAN e. V. Ihre Kurzgeschichten wurden mit den Literaturpreisen der Jungen Akademien Europas und der Ruhrfestspiele Recklinghausen ausgezeichnet, ihre Romane waren für den RPC Fantasy Award und den Lovelybooks-Leseraward nominiert. Q

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