Die Erde ist in ferner Zukunft unbewohnbar geworden. Die einzige Hoffnung der Menschheit sind drei riesige Generationenschiffe, die sich ein kosmisches Rennen zum nächsten habitablen Planeten liefern. Im Laufe der langen Reise haben sich die Besatzungen immer weiter auseinander entwickelt. Als sie plötzlich auf ein Raumschiffwrack treffen, entbrennt ein Konflikt zwischen den drei Schiffen, denn wer die Ressourcen des Wracks kontrolliert, kann das Rennen zur neuen Erde gewinnen. Aber niemand ahnt, was es mit dem toten Schiff wirklich auf sich hat …
Was ich zu sagen habe…
Nur zwei Autorenduos traue ich es zu, mich ins Weltall zu entführen und mich dort überzeugend zu unterhalten. Auf internationaler Ebene überzeugen Amie Kaufman und Jay Kristoff ihre Leserschaft mit grandiosen Charakteren und Chaos, Jugendhaftigkeit und Weltuntergangsstimmung. Tom und Stephan Orgel können sicher nicht dieselben Verkaufszahlen aufweisen, stehen den beiden anderen Bestsellerautor*innen jedoch in kaum etwas nach. Sie vermögen es, mich fernab von jeder Realität zu faszinieren, mich durch die Seiten zu tragen und dabei erschreckend viel Wahrheit in ihrer erdachten Geschichte zu offenbaren.
Bereits in der Vorgeschichte auf dem Mars, die die gegenwärtigen Geschehnisse in 2302 initiiert, tauchen wir Lesenden in ein Mysterium ein. Vielerlei Fragen begleiten uns über den gesamten Verlauf des Romans und werden Stück für Stück in packenden Offenbarungen und Begebenheiten beantwortet. Mit diesen schlüssigen Verknüpfungen runden die Autorenbrüder diesen Roman wundervoll, wenn vielleicht für meinen Geschmack letztlich etwas zu schnell, ab.
Charaktere zum Mitfiebern und Settings zum Staunen
Tom und Stephan Orgel schaffen es, in unserer vermeintlich eigenen fernen Zukunft eine neue, vielschichtige Welt und gleich mehrere Kulturen aufzubauen. Diese teilen fesselnde Details mit unseren Gesellschaften, wie wir sie heute kennen, und bringen doch faszinierende Neuerungen ins Spiel. Das Setting dieses Romans expandiert dem Weltraum gleich und überrascht uns mit Möglichkeiten, die sich unsere Protagonist*innen zu Nutzen machen, gegen diese sie aber auch an einigen Stellen opferbereit zu kämpfen haben.
Wir verfolgen zuerst abwechselnd die initiierenden Begebenheiten auf dem Mars, die Missionen Laohus auf der Zheng He und die Entdeckungen von Helen und Rangi auf der Tereschkowa. Doch die Zusammenhänge und Verwicklungen aller Handlungsstränge lässt nicht lange auf sich warten und beschert ein packendes Leseerlebnis. Wir dürfen weitere tolle Charaktere kennenlernen und die sich divergierend entwickelten Kulturen miteinander kollidieren sehen.
Für jene, für die die vergleichsweise eingeschränkte Anzahl an Figuren und uns nicht vertrauten Bezeichnungen eine Hürde beim Lesen darstellen könnte, haben die Autoren vorgesorgt. Am Ende des Buches befinden sich Namensverzeichnis und Glossar, welches ich jedoch dieses Mal nicht konsultieren musste. Die Figuren sind mir so vertraut geworden, dass ich sie leicht auseinander halten und mich ihrer erinnern konnte.
Nicht nur für Science-Fiction-Fans: ein unfreiwilliges Team mit dem Style der Guardians of the Galaxy spielt unter anderem gegen das unbezwingbare Potenzial von Venom
[…] Verstehst du, warum mich das so wütend macht? Weil wir kurz vor der Auslöschung stehen und nichts anderes im Sinn haben, als uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Das ist völlig irrsinnig.“
„Ich würde es immer noch als menschlich bezeichnen.“
„Trotzdem ist dieses Schiff vielleicht unsere allerletzte Chance.“
„Oder unser Untergang.“
– S. 434
Ich kann gar nicht genau sagen, warum ich mich noch immer nicht als Fan des Genres bezeichnen würde. Vermutlich schätze ich meine Expertise noch nicht groß genug ein. Immerhin lese ich nur Bücher zweier Duos, die mich mit den Science-Fiction-Elementen ihrer Geschichten jedoch bisher immer überzeugen konnten. Da bildet auch Behemoth keine Ausnahme: von Raumschiffen über Künstliche Intelligenzen zu außerirdischen Lebensformen. Die Orgels liefern alles und verbinden es zu einer packenden, teils mich mit Horror erfüllenden Geschichte. Obwohl diese fernab von unserer Realität erscheint, holte sie mich doch mit einem wahren Kern, zwischenmenschlichen Emotionen und dem ein oder anderen gekonnt humorvollen Dialog ab. Darauf kann ich mich bei den Gebrüdern immer verlassen, egal wie fern ihr neues Konzept von meinem Alltag scheint. Umso mehr mag ich es vermutlich sogar, in die von ihnen geschaffenen Welten abzutauchen, die mich in vollkommen fremde Gefilde entführen.
Fazit:
Nicht nur für Fans von Science Fiction ist dieser Roman einen Versuch wert, wie ich beweise. Ich habe mich in den Intrigen, den humorvollen Dialogen und dem unentdeckten, teils schockierenden Setting mit seinen Überraschungen für viele Stunden wohlfühlen und unterhalten lassen können.
Die Autoren:
Hinter dem Pseudonym T. S. Orgel stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann beschäftigt, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in fantastische Welten. Ihr erster gemeinsamer Roman »Orks vs. Zwerge« wurde mit dem Deutschen Phantastik Preis für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet. Seitdem haben sie mit »Die Blausteinkriege«, »Terra« und »Die Schattensammlerin« noch viele weitere Welten erkundet. Q