Der erste letzte Tag – Sebastian Fitzek
Ein ungleiches Paar.
Eine schicksalhafte Mitfahrgelegenheit.
Ein Selbstversuch der besonderen Art.
WAS GESCHIEHT, WENN ZWEI MENSCHEN EINEN TAG VERBRINGEN, ALS WÄRE ES IHR LETZTER?Livius Reimer macht sich auf den Weg von München nach Berlin, um seine Ehe zu retten. Als sein Flug gestrichen wird, muss er sich den einzig noch verfügbaren Mietwagen mit einer jungen Frau teilen, um die er sonst einen großen Bogen gemacht hätte. Zu schräg, zu laut, zu ungewöhnlich – mit ihrer unkonventionellen Sicht auf die Welt überfordert Lea von Armin Livius von der ersten Sekunde an. Bereits kurz nach der Abfahrt lässt Livius sich auf ein ungewöhnliches Gedankenexperiment von Lea ein – und weiß nicht, dass damit nicht nur ihr Roadtrip einen völlig neuen Verlauf nimmt, sondern sein ganzes Leben!
Was ich zu sagen habe…
Trotz Fitzeks breitbandiger Bekannt- und Beliebtheit habe ich es bisher noch nicht geschafft, mehr als einen seiner Thriller zu konsumieren – was vermutlich schlicht und einfach daran liegt, dass ich dieses Genre nicht zu meinen liebsten oder überhaupt gern gelesenen zähle. Bisher hat mich zwar noch nie einer enttäuscht – freiwillig greife ich dennoch nicht danach. Gerade deswegen habe ich mich nur allzu sehr auf diesen neuen Roman gestürzt, den ich auf Netgalley entdeckt hatte: wenn ich diesen Bestseller-Autor in einem Gefilde antreffe, das mehr meinem Geschmack entspricht, muss ich diese Chance sogleich nutzen.
Bereits innerhalb der ersten Minuten und Kapitel hat mich der Autor mit seinem Schreibstil und dem damit zum Ausdruck gebrachten Humor für sich gewonnen. Unsere beiden Protagonisten, von denen Livius zugleich als Perspektivträger dient, könnten tatsächlich unterschiedlicher nicht sein, sodass eine unterhaltsame, aber auch zum Nachdenken anregende Geschichte vorprogrammiert scheint. Ein wenig hat sie mich an John Strelecky und seine Parabeln erinnert, mich aber bedeutend besser durch die Seiten getragen und viel öfter zum Lachen gebracht. Ein Road Trip mit einigen Überraschungen und wichtigen Entscheidungen steht vor unserem Erzähler und seiner Begleiterin, doch auch die LeserInnen werden wieder und wieder überrascht, ziemlich oft von den Hockern gerissen und zu guter Letzt beinahe zu Tränen gerührt. Und das alles auf nicht einmal 300 Seiten. Selten habe ich ein Hörbuch an einem einzigen Tag durchgehört, selbst wenn es nicht viele Stunden umfasst, doch Lea und Livius‘ Geschichte hat mich unheimlich leicht und wundervoll unterhalten, dass die Zeit wie im Flug vergangen ist und ich mich nicht von diesem Road Trip trennen wollte.
Zuerst mutet diese Geschichte wie viele andere an, doch die Erfahrungen und Erlebnisse, die man mit ihr sammelt, sind originell – wie ihre Charaktere individuell und wahrhaftig – und sogar ein wenig lebensverändernd, möchte ich behaupten. Aus einer Zwangsfahrgemeinschaft erwachsen unvergessliche Erinnerungen für die Figuren und uns sie begleitenden LeserInnen.
Die Mitternachtsbibliothek – Matt Haig
Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.
Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?
Matt Haig ist ein zauberhafter Roman darüber gelungen, dass uns all die Entscheidungen, die wir bereuen, doch erst zu dem Menschen machen, der wir sind. Eine Hymne auf das Leben – auch auf das, das zwickt, das uns verzweifeln lässt und das doch das einzige ist, das zu uns gehört.
Was ich zu sagen habe…
Von diesem Autor hatte ich bisher schon einiges gehört, jedoch noch keine eigenen Erfahrungen mit ihm gesammelt. Das galt es nun zu ändern. Bereits vor einigen Jahren habe ich auf der Leipziger Buchmesse andere Blogger voller Begeisterung von ihm und der Tiefgründigkeit seiner Werke sprechen hören, von der ich mich nun selbst überzeugt habe. In diesem Roman über etwas mehr als 300 Seiten bringt er uns ein fantastisch verpacktes und mitreißend erzähltes Gedankenspiel über die Bedeutung einzelner Entscheidungen im Leben und dessen Unvergleichbarkeit. Berührung, humorvoll und authentisch schickt er seine Protagonistin Nora durch die verschiedensten potentiellen Leben, die sie am Ende ihres einen, zum Scheitern verurteilt geglaubten an sich vorbeiziehen, oder eher sie in sich hinein ziehend er- und gar durchlebt. Mit diesem Roman regt Matt Haig zum Nachdenken an und schreibt sich nicht nur in mein Herz, sondern tatsächlich eine Hymne an das Leben, die meinen Blick auf dieses erneut viel facettenreicher und bejahender gestaltet hat.
Denn ein Bauer ist niemals nur ein Bauer. Ein Bauer ist eine Königin im Wartestand.
Es hat mich überrascht, begeistert und vollkommen von diesem Autor überzeugt, wie wundervoll vielseitig und detailreich er Noras einzelne Erfahrungen in ihren verschiedenen Leben gestaltet und uns verbildlicht hat. Wir konnten mit ihr fühlen, egal ob im Positiven oder Negativen, mit ihr hoffen und Verlust spüren. Wir durften uns fragen, wie dieses Experiment vermögen wird, ihr das zu geben, was ihr bisher gefehlt hat, und mit ihr lernen, dass es nicht auf das Haben und Nicht-Haben ankommt, sondern darauf, sich selbst zu finden und zu akzeptieren, dass man eben nur ein einziges Leben hat – dieses aber in den eigenen Händen hält. Somit hat mich das Ende dieses Buches viel zu schnell eingeholt, mich mit einem berauschenden und doch traurigen Gefühl zurück gelassen, denn selten habe ich aus einem Roman so viel mitgenommen wie aus diesem, nur ein paar wenige Male zuvor hatte ich das Gefühl, mich endlos von den Gleichnissen und Experimenten, die unsere Protagonistin erlebt, belehren und bereichern lassen zu können – und dabei wurde ich zudem gefühl- und humorvoll unterhalten.
Liebe Grüße, eure Sophia