Magisch, geheimnisvoll, unheimlich: Willkommen im frostigen Reich der Schneekönigin!
Als ihre geliebte Tochter Hannah spurlos verschwindet, stürzt Finja in ein tiefes Loch. Ihr einziger Hinweis auf Hannahs Verbleib ist eine Spur aus Eis im Badezimmer, aber das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!
In ihrer Verzweiflung sucht Finja schließlich Hilfe bei einer angeblichen Hexe – und stößt auf Ungeheuerliches: Schneetreiben und Schreie wirbeln durch ihre Erinnerungen, und ein fremdes Gesicht, das ihr seltsam vertraut erscheint.
Die Antworten auf Finjas Fragen warten hinter den Spiegeln, in einem Reich aus Eis und Schnee. Aber will sie die Wahrheit wirklich wissen?
Ob Winter oder Sommer – dieses Buch beschert Gänsehaut
Von Autorin Liza Grimm habe ich bisher zwei Bücher gelesen und ihre fantasievollen Geschichten bis dato genossen. Hexen scheinen allemal ihre liebsten magischen Wesen zu sein, denn mit ihnen beschert sie uns immer wieder bewegende Abenteuer in unserer eigenen Welt. Dieser neue Roman steht im Gegensatz zu ihrer Talus-Trilogie als Einzelband da, geht aber nicht minder in die Tiefe. Nachdem ich zudem in den letzten Monaten bereits ein anderes Eisköniginnen-Retelling gelesen habe, war ich auf diese Neuerscheinung besonders gespannt. Die Urban-Fantasy-Elemente nehmen wieder fortwährend zu und entführen uns schließlich in andere Realitäten, die ich liebend gerne und teils auch voller Schrecken erkundet habe.
Ein gelungener Einstieg, ein packender Mittelteil, ein schockierendes Ende
Wir lernen unsere Protagonistin Finja in einer furchtbaren Zeit ihres Lebens kennen und erfahren zuerst von ihr, dass sie ihre Tochter verloren hat. Auch über ihren Ehemann lässt sich dies sagen, doch die zahlreichen Kapitel vor Hannahs Verschwinden oder vor vier Jahren bescheren uns bald zahlreiche Unterschiede und Details. Liza Grimm schafft es, uns auf drei Zeitebenen gefangen zu nehmen. Wir lernen unsere Hauptfigur somit in verschiedenen Phasen der Verzweiflung kennen, erhalten aber auch kleine Blicke auf friedvollere Zeiten. Obwohl die Momente mit ihrem verstorbenen Mann Mica nur spärlich gesät sind, können wir Finjas Zuneigung für ihn, aber vor allem für ihre Tochter dank Liza Grimms wundervoller Worte fühlen. In diesem Roman stehen familiäre und freundschaftliche Liebe somit vor romantischer, was der Geschichte eine willkommene Note verliehen hat. Nicht nur Finjas Aufopferungsbereitschaft für ihre Tochter, sondern auch die herzlichen Momente mit ihrer besten Freundin habe ich ungemein gern gelesen.
Und dann sah
sie
diese
Augen.
Rot glühend in einem schwarzen Schatten. Finja erstarrte.
Stand
ganz
still.
Und der Schattenkam
näher.
Wurde größer.
Schlug zu.
– S. 145
Packend und rührend – im Gegensatz zu den Figuren werden wir diese Geschichte sicher nicht so schnell vergessen
Ich hatte das Vergnügen, diese Geschichte sowohl als Buch, als auch als Hörbuch erleben zu dürfen. Beides bringt Vorteile mit sich. Das Buch ist nicht nur schön anzusehen, sondern überrascht auch mit einem verspielten, unsere Herzen zum Schnellerschlagen bringenden Layout. Mit den teils fast vollständig leeren Seiten setzt nicht nur die Handlung, sondern auch unser Herz einen schockierenden Moment aus. Das Hörbuch hingegen hat mich unterwegs begleiten und mir ebenso den Atem geraubt, mich dank der einfühlsamen Stimme der Autorin aber auch den Zorn und die Verzweiflung unserer Hauptfigur fühlen lassen. Und davon gab es zuletzt nicht zu wenig. Die finalen, schockierenden Offenbarungen wurden zwar für meinen Geschmack ein wenig zu sehr in die Länge gezogen, präsentieren aber zugleich die spürbare Unmöglichkeit schwierige, traumatisierende Vorkommnisse verbal zu kommunizieren.
Das Buch wird als Dark Fantasy kategorisiert und doch erzählt es wohl nicht das, was viele sich als Erstes darunter vorstellen würden. Die Triggerwarnungen verweisen auf (SPOILER) sexuellen Missbrauch Minderjähriger und verbale Gewalt (SPOILER ENDE), womit sie den Empfindungen während des Lesens jedoch nur präventiv entgegenkommen. Ich finde es unglaublich wichtig und mutig, dass Liza Grimm sich mit solchen schockierenden Themen auseinandersetzt. Auch ihr Umgang mit diesen zeigt Vorsicht und Dringlichkeit zugleich. Es wird nicht alles im Detail beschrieben und zuletzt sind Vorfälle auch lediglich impliziert, doch die Verbundenheit zu den Figuren wird allemal stark genug, dass wir als Lesende durchaus – sicher nicht nur auf positive Art und Weise – berührt werden. Dementsprechend möchte ich der Autorin ein großes Lob aussprechen, Lesende mit Vorgeschichten oder Unwohlsein mit solchen Themen jedoch auch warnen.
Fazit
Eine Geschichte mit einnehmenden, fantastischen Elementen und rührenden, aber auch schockierenden, widergespiegelten Realitäten. Mit Magie und Parallelwelten erkundet Liza Grimm Abgründe menschlichen Verhaltens, aufopferungsvolle, mütterliche Liebe und die scheinbare Unmöglichkeit, traumatisierende Ereignisse verbal zu kommunizieren. Packend von der ersten Seite an und ergreifend bis zur letzten.
Die Autorin:
Liza Grimm studierte in München Germanistik und verliebte sich währenddessen in Geschichten. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Fantasy- und Science-Fiction-Lektorin, bevor sie sich als Autorin selbstständig machte. Wenn sie gerade nicht schreibt, twittert sie leidenschaftlich gerne über ihren Hund oder redet auf Twitch über Bücher. Über ihre Social-Media-Kanäle erreicht sie über 90.000 Menschen. Q
Die Sprecherin:
Vera Teltz ist neben diversen Theater- und Fernsehrollen bekannt als die Stimme von Filmgrößen wie Helena Bonham Carter, Naomie Harris, Alicia Keys und Elizabeth Banks. Ihre elegante und ausdrucksstarke Stimme macht sie zu einer beliebten Hörbuchsprecherin. Q