Liebe und andere Missgeschicke
Raphael ist gut aussehend, charmant und der Star einer erfolgreichen TV-Kochsendung. Außerdem hat er so unglaublich blaue Augen, dass Jo gar nicht mehr wegsehen kann. Bei seinem Lächeln wird ihr ganz schwindelig. Kein Wunder, dass die junge Anästhesistin nicht wirklich bei der Sache ist, als er vor ihr auf dem OP-Tisch liegt. Aber wird er ihr jemals verzeihen, dass sie ihm versehentlich einen Schneidezahn abgebrochen hat? Und warum begegnet sie ihm neuerdings ständig? Ihm und seinen blauen Augen …
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Nachschub für Fans von Ali Hazelwood?
Das war ein wenig meine Hoffnung, als ich dieses Buch auf der Leipziger Buchmesse entdeckte und den Klappentext las. Zwar ließ es nicht auf die gleichen Tropes wie Fake Dating oder Rivals-to-Lovers hoffen, doch Enemies-to-Lovers war allemal vorprogrammiert. Außerdem erhoffte ich mir eine kontrastreiche Mischung zwischen den beiden Protagonist*innen. Ganz wurde ich mit der Geschichte nicht warm, muss ich zugeben, selbst wenn sie sich sehr schnell lesen ließ. Wir erhalten Einblicke in die Köpfe beider Hauptfiguren, wenn auch direkter durch die Ich-Perspektive von Josephine als in der Er-Perspektive von Raphael. Ihr Beginn war kein Meet Cute, aber vielversprechend, jedoch blieb ein etwas eigenartiger Vibe bestehen.
Zwischen Witz und Rache
Da wir größtenteils Josephines Gedanken folgen, können wir ihre gleichzeitige Faszination und Abneigung für den Fernsehkoch gut nachvollziehen. Auf Raphaels Seite haben wir hingegen wenig Anhaltspunkte, was ihre Treffen etwas unausgeglichen gestalten. Ich habe das ganze Buch über kaum ein Gefühl bekommen, ob er sich nur an ihr rächen will oder warum er sie doch mögen sollte. Viel mehr schaukelt sich der anfängliche Konflikt zwar weiter hoch, bleibt selbst aber schlussendlich auffällig unangesprochen. Obwohl ihre Aufeinandertreffen durchaus prickelten, war mir ihre Dynamik doch nicht ganz geheuer. Zudem kam es zu einem recht unkommentierten Witz seinerseits, der sich dann kapitellang auf Josephines Stimmung und Agieren auswirkte. Ich denke, dieses Gerüst hätte durchaus eine liebreizende Geschichte darstellen können, doch mir fehlten oftmals Gedanken, die die einzelnen Handlungen oder Empfindungen unterstreichen und erklären. So ergeht es mir auch bei Raphael, den ich glaube zu mögen, aber auch nicht so wirklich kennengelernt habe.
Geschmacksvolle/lose Details
Einen Teil, den ich der Autorin anrechnen muss, jedoch persönlich nicht sonderlich genießen konnte, war die detailreichen Momente in der Küche. Nikolai Hotel schafft es, uns Raphaels Expertise aufzuzeigen und uns von seiner Leidenschaft für das Kochen zu überzeugen. In diesem Zusammenhang sind die Details durchaus wichtig, selbst wenn ich ansonsten lieber auf detaillierte Beschreibungen toter Tiere absehe. Dies fiel mir vor allem auf, wenn von Lammfleisch die Rede war. Nun bin ich mir vollends bewusst, dass der Großteil der europäischen Bevölkerung Fleisch gerne isst, doch es macht mir Charaktere durchaus etwas unsympathisch, wenn sie den Verzehr eines Tieres zelebrieren, dass sogar dem Namen nach noch ein Baby ist. (Ganz davon abgesehen, dass alle Tiere, die auf dem Teller landen lange vor ihrer Lebenszeit umgebracht werden.)
Darüber hinaus widerstrebte mir auch die Erwähnung von Ledersitzen, die an sich ja vollkommen in Ordnung sind, da sie heutzutage auch aus Kunstleder hergestellt werden. Jedoch eine Betonung auf Kalbsleder zu legen (mal wieder ein Babytier), ist einfach grotesk für mich. Wie gesagt, die Details sind in Raphaels Beruf unumgänglich und haben das Buch bedeutend authentischer gestaltet. Jedoch würde ich mir wünschen, dass Autor*innen allen Leser*innen ein angenehmes Lesevergnügen ermöglichen, indem sie neutralere Beschreibungen verwenden. So kann eine Pizza oder ein Burger oder Pasta, oder auch Leder, durchaus tierleidfrei sein, wenn es nicht weiter spezifiziert wird und könnte somit der Imagination der lesenden Person nach gestaltet werden.
Fazit
Von meinen persönlichen Präferenzen abgesehen, fehlten mir in diesen nicht einmal 300 Seiten einige Gedankengänge. Die Dynamik zwischen unseren Protagonist*innen war ein Hauch von Enemies-to-Lovers mit einiger (sexueller) Spannung, aber meiner Meinung nach zu vielen Sprüngen und Umschwüngen. Ich habe mich eher gefühlt, als würde ich durch das Buch und ihre Geschichte stolpern, selbst wenn ich einzelne Momente durchaus genossen habe.
Die Autorin:
Nikola Hotel, geboren 1978 in Bonn, hat eine große Schwäche für dunkle Charaktere und unterdrückte Gefühle, deshalb schreibt sie neben ihren RomComs mit Vorliebe auch New-Adult-Romane. Ein Großteil ihrer Bücher schaffte es unmittelbar nach Erscheinen auf die Bestsellerliste. Nikola Hotel lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bonn. Auf Instagram gewährt sie allerlei Einblicke in ihren Schreiballtag.
Im Aufbau Taschenbuch liegen ihre Romane »Jetzt und mit dir«, »Für immer und du«, »Liebe oder gar nicht« und »Ab morgen nur noch Liebe« vor.
Mehr unter @nikolahotel oder www.nikolahotel.de. Q