[Rezension] Wie du mich siehst von Tahereh Mafi

Zum Weinen, zum Verlieben, zum Wütendwerden
Bestsellerautorin Tahereh Mafi erzählt einen bewegenden, kraftvollen, autobiographisch geprägten Roman, der Vorurteile enthüllt und uns daran teilhaben lässt, wie Liebe alles Trennende überwindet.
Eine Kleinstadt in den USA: Shirins Alltag ist zum Albtraum geworden. Sie hat genug von den unverschämten Blicken, den erniedrigenden Kommentaren und den physischen Attacken, die sie ertragen muss, weil sie Muslima ist. Sie flüchtet sich ins Musikhören und in das Breakdance-Training mit ihrem Bruder und dessen Freunden. Shirin hat beschlossen, niemandem mehr zu trauen. Bis sie an ihrer neuen High School den Jungen Ocean trifft. Er ist der erste Mensch seit langem, der Shirin wirklich kennenlernen möchte. Erschrocken weist Shirin ihn harsch zurück. Ocean ist für sie aus einer Welt, aus der ihr bisher nur Hass und Ablehnung entgegenschlugen. Aber dann kommt alles anders …

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Meine Meinung

Zugegebenermaßen ist dies mein erster Roman, der direkt auf einen ethnischen Unterschied zwischen der Protagonistin und ihren Mitmenschen, in diesem Fall ihren Mitschülern, anspielt, indem diese Situation als Ausgangspunkt betrachtet wird. Jedoch habe ich mich umso mehr darauf gefreut, in diese Geschichte einzutauchen, da ich von der Autorin durch und durch nur gutes gehört habe, wenn auch mehr aus dem Genre der Fantasy. Dieses Buch und Shirins Geschichte hatte leider nicht viel Fantasievolles an sich, sondern war geradzeu beängstigend realistisch. Es schildert die Gedanken einer bemerkenswert mutigen jungen Frau, welche sich aufgrund ihrer Religion und ihrer Lebensweise immer wieder mit Rassisten auseinander setzen muss. Dabei hat sie gelernt, sich gegenüber anderen abzuschotten, um nicht mehr verletzt zu werden, nur dass das eben auch nicht immer funktioniert und noch schlimmer: Es schirmt sie von den möglicherweise auch guten Erfahrungen ab, die sie mit anderen Menschen erleben könnte.

Alles, was ich mir von dieser Welt noch wünschte, war die totale Unauffälligkeit. Ich hätte so gern gewusst, wie es sich anfühlt, einen Raum zu durchqueren und von niemandem angestarrt zu werden. Aber ein einziger Rundumblick ließ mich erkennen, dass jede Hoffnung darauf hier vergebens war.
– S. 7 (eBook)

Ab der ersten Seite war ich in Shirins Gedanken und auch ihrem Leben versunken. Es war mir eine Freude, mehr über die Kultur der Muslime zu erfahren, die Zeit, welche Shirin in ihrer Familie oder mit ihrem Bruder verbringt, mitzuerleben und zu bemerken, wie sich nicht nur der Blick der Menschen auf sie, sondern auch ihrer auf die Menschen über die Dauer der Erzählung verändert. Die Charaktere, welche sich die Autorin erdacht hat, um diese Geschichte zu erzählen, hat sie zugleich wunderbar dreidimensional gestaltet, insofern es für die Handlung von Bedeutung ist. So konnte man sich nicht nur mit Shirin wunderbar identifizieren und ihre Angst und auch ihre Euphorie wahrnehmen, sondern auch Oceans Gedanken und Navids (Shirins Bruder) Reaktionen verfolgen.

„Wissen deine Eltern es?“
Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Was glaubst du?“
„Nein?“
„Genau. Und das soll auch so bleiben. Ich will jetzt noch nicht mit ihnen darüber sprechen.“
„Okay.“
„Das mach ich dann vielleicht auf meinem Sterbebett.“
„Deine Entscheidung“, sagte ich. „Deine achtzig Prozent sind bei mir jedenfalls sicher.“
– S.82 (eBook)

 

Was mir besonders gut gefallen hat an diesem Buch ist, dass Shirins Leben sich trotz all des Mists, mit dem sie täglich konfrontiert wird, sich nicht nur darum dreht: Sie hat eine wundervolle Leidenschaft, das Breakdancen, welches ich persönlich zwar nicht nachvollziehen konnte, bis ich lesen und dadurch auch erleben durfte, was für Gefühle es in Shirin auslöst, sie hat Vorlieben und auch Dinge, die sie nicht abkann. Sie hat eine Familie, bezaubernd und schräg zugleich, sie hat mit der Zeit auch Freunde, die ich mit ihr ins Herz geschlossen habe. Der Autorin ist es gelungen, eine gute Balance zwischen dem alltäglichen Schrecken und den kleinen Freuden zu finden, denen Shirin begegnet, sie hat die Beziehung, die sich zwischen unserer Protagonistin und Ocean anbahnt nicht überstürzt und dadurch noch reeller gestaltet, sie hat Shirin in ihrem Denken gestützt, aber auch einstecken lassen, sie hat sie mit anderen Meinungen konfrontiert, denn darum – das zeigt dieses Buch ganz deutlich – geht es, wann immer Menschen aufeinander treffen und miteinander umgehen wollen. Meinungen sind nicht gleich, Gedanken, Gefühle ebenso wenig, Ansichten und Religionen auch nicht, aber solange man sich daruf einlässt, die Standpunkte anderer Menschen verstehen zu wollen, kann man so gut wie alles schaffen.

 

 

Fazit:

Ein Buch, das meiner Meinung nach in Schulen gelesen werden sollte. Es behandelt nicht nur Themen wie Fremdenfeindlichkeit, sondern auch solche wie Selbstverwirklichung und Mut. Ich habe diesen Jugendroman mit Schrecken und zugleich viel Liebe im Herzen gelesen. Mein Blick auf die Menschheit hat sich in gewissen Punkten noch einmal verschärft, aber auch ein wenig geändert. Das wünsche ich jedem!

 

 

Tahereh Mafi

wurde 1988 in einer Kleinstadt in Connecticut, USA, geboren. Sie ist iranischer Abstammung und die Jüngste von fünf Geschwistern neben vier älteren Brüdern. Ihr Debütroman ›Shatter Me‹ (dt.: ›Ich fürchte mich nicht‹), der erste Band einer Trilogie, ist 2011 in den USA erschienen, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und stand auf den Bestsellerlisten der New York Times und der USA Today. Mafi ist mit dem Filmemacher und Schriftsteller Ransom Riggs verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Santa Monica, Kalifornien. Q

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