„Ist Mr. Heathcliff ein Mensch? Wenn ja – ist er wahnsinnig? Und wenn nicht – ist er ein Teufel?“
In den düsteren Mooren von Yorkshire liegt der Landsitz Wuthering Heights, auf dem sich ein Drama um Liebe, Hass und Tod abspielt: Das Findelkind Heathcliff ist besessen von Catherine, der wilden Spielgefährtin seiner Jugend. Als diese den bürgerlichen Nachbarn Linton heiratet, bricht sie ihm das Herz. Als Rache versucht er sein Leben lang, die Familie zu vernichten, und erst mit seinem Tod kann Frieden einkehren.
Was ich zu sagen habe…
Meinem Willen, mehr Klassiker zu lesen und damit meine Allgemeinbildung, sowie meinen Erfahrungsschatz zu vergrößern, setzen sich immer wieder recht komplizierte und unverständliche Werke entgegen, deren Inhalt ich nicht vollends zu interpretieren, noch zu verstehen weiß. Zum Glück war dies bei Emily Brontës einzigem Roman nicht der Fall: der Schreibstil der Autorin und der Übersetzerin vereint machten es mir unheimlich leicht, mich durch die Seiten und durch die vielen Jahre dieser Erzählung zu bewegen. Einer Erzählung kommt dieser Roman auf jeden Fall in dem Sinne gleich, das unser vermittelnder Protagonist Mr. Lockwood die Geschichte von Catherine und Heathcliff von der früheren Haushälterin der Familie Earnshaw berichtet bekommt. Dabei werden heutige Leser gewiss die Augen nicht nur einmal verdrehen müssen angesichts der Detailreiche, mit denen Mrs. Dean einzelne Gespräche nach 20 Jahren wiederzugeben vermag, doch zugleich vermögen ihre wertenden und sympathischen Kommentare es, die Leser zu involvieren. Der Großteil unseres Wissens über die HeldInnen dieses Romans erhalten wir aus ihrem Mund, wobei sie als empathische und offene Figur vielerlei Blickwinkel zu offenbaren versucht und es dieser Erzählerstimme auch gelingt.
Seinen Titel als Klassiker verdient sich Emily Brontës Roman durch seine zeitlosen Gefühle und Konflikte. Die Liebe, welche Catherine und Heathcliff füreinander empfinden, zerreißt nicht nur diese beiden Figuren und ihre Leben, sondern auch hin und wieder den Leser ihre Herzen. Während die Charaktere einem mit ihren emotional getriebenen Handlungen und deren zwiegespaltenen Beweggründen hin und wieder durchaus auf die Nerven gehen, prägen wenige und dadurch umso aussagekräftigere Szenen unser Verständnis von ihren Gefühlen füreinander und ihren Wesenszügen, die sie sich zueinander hingezogen fühlen lassen. Dabei rührt nicht nur Catherine und Heathcliffs Geschichte die Leserschaft seit Jahrhunderten, sondern gewiss auch jene ihrer Nachkommenschaft, die unter dem Zwietracht zwischen Heathcliff und der Familie seiner Angebeteten leben und leiden müssen. Obwohl sich wohl kein einziger, maximal jedoch zwei, reiner Charakter finden lässt, da jeder einzelne mit Makeln und Authentizität erbaut wurde, nimmt man Anteil an ihren Schicksalen und fiebert bis zur letzten Seite mit den Figuren mit, die man besonders ins Herz geschlossen hat.
„[…] Die ganze Welt ist eine furchtbare Sammlung on Zeugnissen, daß sie gelebt hat und daß ich sie verloren habe! […]“
– S.468
Meine Anforderungen und Erwartungen an diesen klassischen Roman wurden definitiv erfüllt und er hat mir so wundervolle Lesestunden beschert, wie ich mir nicht zu hoffen gewagt hätte. Wem Shakespeare und Goethe zu kompliziert sind, sich aber nach einer zeitlosen Geschichte über Liebe und Rache sehnt, dem kann ich Emily Brontë wärmstens ans Herz legen.
Meine Bewertung:
Liebe Grüße, eure Sophia
Über die Autorin:
Emily Brontë wurde am 30. Juli 1818 in Thornton, Yorkshire, geboren. Sie arbeitete als Lehrerin, bevor sie ab 1843 die Führung des elterlichen Haushalts in Haworth, Yorkshire, übernahm. Sie hinterließ neben ihrem Meisterwerk ›Wuthering Heights‹ einige bedeutende Gedichte, die alle unter dem Pseudonym Ellis Bell veröffentlicht wurden. Am 19. Dezember 1848 starb Emily Brontë an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung. Zwei Jahre nach ihrem Tod entlarvte ihre Schwester Charlotte sie im Vorwort zur zweiten Auflage von ›Wuthering Heights‹ als die eigentliche Autorin des Romans. Q