Ein Satz, der wie eine Selbstverständlichkeit klingt – «Ich bin Linus» –, doch er teilt sein Leben in ein Davor und Danach. Auf beeindruckende Weise erzählt Linus Giese, warum er einunddreißig Jahre alt werden musste, um laut auszusprechen, dass er ein Mann und trans ist und warum sein Leben heute vielleicht nicht einfacher, aber sehr viel glücklicher ist.
Eigentlich ahnt er es seit seinem sechsten Lebensjahr. Doch aus Sorge darüber, wie sein Umfeld reagieren könnte und weil ihm Begriffe wie trans, queer, nicht-binär fehlen, verschweigt Linus lange, wer er wirklich ist. Mit dem Satz «Ich bin Linus» beginnt im Sommer 2017 sein neues Leben, das endlich nicht mehr von Scham, sondern Befreiung geprägt ist. Offen erzählt Linus Giese von seiner zweiten Pubertät, euphorischen Gefühlen in der Herrenabteilung, beklemmenden Arztbesuchen, bürokratischen Hürden, Selbstzweifeln, Freundschaft und Solidarität, von der Macht der Sprache und digitaler Gewalt. Seit seinem Coming-Out engagiert sich Linus für die Rechte von trans Menschen. Vor allem im Netz, aber nicht nur dort, begegnet ihm seither immer wieder Hass. Doch Schweigen ist für ihn keine Option.
Was ich zu sagen habe…
Zu dieser Autobiografie wäre ich vermutlich ganz allein gar nicht gekommen, denn auch wenn ich sie mehrmals im Buchladen liegen sehen habe, wo ich doch immer nach Repräsentationen der queeren Szene Ausschau halte, widme ich mich häufiger Fiktionswerken, die mir diese auf wundervolle und doch realitätsnahe Weise näher bringen als tatsächliche, sozusagen, Zeugenberichte. Dass ich Linus Griese‘ persönliche Geschichte doch in die Hand genommen, bzw. mir auf die Ohren gesetzt habe, wurde von meiner Mitbewohnerin angestoßen. Zudem dachte ich, es würde definitiv nicht schaden, mich bezüglich des respektvollen Umgangs mit trans Menschen weiter zu bilden. Offenheit ist ein guter Ausgangspunkt, aber auslernen kann man sicherlich nie, wenn man sich nicht selbst als trans definiert und dementsprechend diese Perspektive auf soziale Interaktionen kennengelernt hat. Mit diesem Ansporn begann ich das Hörbuch nach einer Reihe von Fantasy-Epen, sodass es mich erst einmal auf schockierende und doch eingehende Weise in die Realität unseres 21. Jahrhunderts zurückbeförderte.
Der Einstieg fiel mir nicht ganz so leicht wie erhofft, da man dem Autor schnell anmerkte, dass er eben kein professioneller Hörbuchsprecher ist. Dennoch finde ich es in diesem Fall vollkommen in Ordnung, diesen kleinen Makel hinzunehmen, um dafür all die Emotionen und Reaktionen desjenigen erfahren zu können, der das Erzählte erlebt hat. An einigen Stellen war die Betonung und die Geschwindigkeit, das Setzen von Pausen und Akzenten nicht perfekt, dafür umso authentischer. So würde ich dieses Buch auch im Allgemeinen beschreiben wollen. Linus zeigt sich vollkommen unverstellt, was man daran merkt, wie er selbst eingesteht, nicht zu wissen, in welchem Maße man über bestimmte Dinge spricht oder eben nicht. Er überschreitet für den einen oder die andere vielleicht gewisse Grenzen der Intimität, spricht über sexuelle Erfahrungen und sozialkritische Erlebnisse, die seine LeserInnen möglicherweise schockieren, nun aber eben zu seiner Geschichte gehören und seiner Meinung nach nicht ausgespart bleiben sollten. Insofern kann ich ihn da nur unterstützen. Gerade da es sich hier im eine Autobiografie handelt, hat wohl niemand das Recht, dem Autor in irgendeiner Weise vorzuschreiben, was oder wie er es teilt. Viel mehr bewundere ich ihn dafür, so offen und schamlos über einige Begebenheiten und Tatsachen zu sprechen.
Egal ob Ängste, Enttäuschungen, Hoffnungen, Befriedigung, Liebe, Mut, Trostlosigkeit, Aggression oder weitere Erfahrungen, die jeder und jede von uns kennt und sicher zu einem bestimmten Grad auch mit Linus teilt – der Autor berichtet offen aus seinem Leben. Viel mehr jedoch erzählt Linus uns nicht nur von Erfahrungen, die wir mit ihm teilen, sondern von jenen, die viele von uns eben nicht nachvollziehen können, was oftmals, selbst bei offen-gesinnten Menschen zu unwissenden und dadurch schmerzlichen Äußerungen führt. Nach diesem Hörbuch glaube ich in keinster Weise, allumfassend aufgeklärt zu sein und hundertprozentig zu wissen, wie ich mit jedem Individuum respektvoll umgehen kann, jedoch hat mir Linus definitiv geholfen zu verstehen, wo es in unserer Gesellschaft noch extrem hakt und wie wir auf ganz individueller Ebene schon einen großen Beitrag leisten können, damit sich beispielsweise trans Menschen weniger ausgeschlossen oder vergessen fühlen. Leider, so zeigt Linus auch auf, gibt es auch auf bürokratischer Ebene noch viele Punkte, in denen trans Menschen das Leben unnötig erschwert wird, was mir ebenfalls nicht vollends bewusst war. Insofern schreibt diese Autobiografie eine meiner Meinung nach als reale Heldenreise zu bezeichnende Geschichte aus dem Leben eines unheimlich sympathischen und offenen Menschen, der jedoch auch ganz klare Grenzen setzt, um sein Handeln und Sein nicht einem allgemeinen Zweck zu unterstellen.
Fazit: Laut Autor hat es nichts mit Mut zu tun, sein Leben als trans Mann offen zu führen, doch dieses Leben mit all seinen Facetten zu teilen, verlangt diesen definitiv. Offen, unsere Gesellschaft hinterfragend und vollkommen unverstellt – eine Autobiografie, die uns allen ein bewussteres Miteinander ermöglicht.
The story is supposed to be over.
Simon Snow did everything he was supposed to do. He beat the villain. He won the war. He even fell in love. Now comes the good part, right? Now comes the happily ever after . . .
So why can’t Simon Snow get off the couch?
What he needs, according to his best friend, is a change of scenery. He just needs to see himself in a new light . . .
That’s how Simon and Penny and Baz end up in a vintage convertible, tearing across the American West. They find trouble, of course. (Dragons, vampires, skunk-headed things with shotguns.) And they get lost. They get so lost, they start to wonder whether they ever knew where they were headed in the first place . . .
Was ich zu sagen habe…
Einen ganz anderen Ansatz und definitiv auch ein anderes Genre repräsentiert dieser zweite Band der Simon Snow-Reihe, den ich vollkommen allein auf Spotify entdeckt habe und deswegen ohne Vorwissen über den ersten Band oder deren Usprung in Rainbow Rowells ‚Fangirl‘ gehört habe. Interessanterweise habe ich dennoch nicht das Gefühl gehabt, dass mir irgendwelche Informationen fehlen, um diese Geschichte in ihrem vollen Umfang zu genießen. Die wichtigsten Details und bisherigen Punkte des Snow-Epos werden in den ersten Kapiteln aufgegriffen, sodass sich eine grobe Einführung erhielt, jedoch gefiel mir vor allem die Prämisse dieses Bandes, der eben nach dem bestandenen Abenteuer ansetzt, der unseren Protagonisten zu einem Helden macht. Simon und seine Freunde haben die Welt gerettet, doch was passiert eigentlich danach? Was tun Helden, wenn ihre Bestimmung erfüllt ist? Mich hat diese Frage fasziniert und eingesogen, in ihrer Umsetzung in ‚Wayward Son‘ sogar ausgesprochen unterhalten und mitgerissen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive unserer vier, schließlich sogar fünf ProtagonistInnen Simon, Baz, Penelope und Agatha, sowie später Shepard. Dabei wurde mein Herz vor allem durch die ersten beiden Perspektivträger und ihre Beziehung, die sich nach dem Ende des ersten Bandes kompliziert zu haben scheint, gefangen genommen. Aber auch Penny hat sich unheimlich schnell sympathisch gemacht und die Handlung mit ihrer chaotischen, aber vor allem faszinierenden und ausgeklügelten Art bereichert. Diese drei begeben sich zudem auf eine ganz neue Art von Abenteuer (einen Roadtrip durch die USA), die zuerst recht menschlich und wenig packend anmutet, dabei aber viel Platz für persönliche Entwicklungen lässt und uns den Charakteren schnell näher bringt. Doch das Chaos und die packenden Kämpfe, sowie Verfolgungsjagden lassen nicht lange auf sich warten und müssen mit Raffinesse, Mut und vor allem Vertrauen ineinander gelöst werden.
He can’t hear a think I’m saying over the wind and the engine and the classic rock.
„I hate this fucking car“, I shout back. „The sun is burning me. I might actually catch fire at any moment.“
[…] „What?“, he shouts to me again.
„You’re so beautiful“, I shout back.
He turns the radio down, so now there’s just the wind and the engine noise to shout over.
„What’d you say?“
„Nothing.“
– Baz and Simon in 28: Penelope
Ich hatte, wie gesagt, wenig Vorstellungen davon, was mich in diesem Buch erwarten würde, da ich weder die Charaktere, noch die Autorin bisher kennengelernt hatte. Schlussendlich – und das eigentlich bereits seit den ersten Kapiteln – wurde ich Stück für Stück von ihnen allen überzeugt. Ich habe mich in Baz‘ Charme und Kontrolliertheit, Simons Lebensfreude und auch ein wenig in seine Naivität, in Penelopes Optimismus und ihre Kreativität verliebt und mich auch von Agatha und Shepard verführen lassen. Besonders konnten mich auch ihr Miteinander und ihr Gegeneinander begeistern, das sich innerhalb beständiger und starker Freundesbande abspielt und die LeserInnen sicher wünschen lässt, ein richtiger, nicht nur beobachtender Teil dieser Crew zu sein. Sie alle sind einfach magisch, genau wie die Welt, durch die sie sich bewegen und die wir etappenweise mehr mit ihnen entdecken dürfen. Dabei kommen Abenteuer, Romantik, Freundschaft und individuelle Entwicklungen keineswegs zu kurz, sondern werden wundervoll mit dem Worldbuilding und der Heldenreise verflochten, sodass dieses Buch eine originelle Unterhaltung bietet.
Fazit: Originelle Prämisse über das nach dem Ende des Buches, nach der abgeschlossenen Weltrettungsmission trifft auf charmante Charaktere, einen unterhaltsamen Roadtrip und eine Prise Romantik – pure Unterhaltung, die zum Mitfiebern, Lachen und Seufzen einlädt und mich von der Autorin überzeugt hat.
Liebe Grüße, eure Sophia