[Rezension] The Extraordinaries #1: Die Außergewöhnlichen von T.J. Klune *Rezensionsexemplar*

Nick Bell ist ein ganz gewöhnlicher Teenager. Wobei das in einer Stadt voller Superhelden schon wieder ungewöhnlich ist. Und der beste Autor von Superhelden-Fan-Fiction zu sein, ist ja quasi auch eine Superkraft, oder? Als Nick eines Tages Shadow Star, dem berühmtesten Helden der Stadt – und sein heimlicher Schwarm – begegnet, beschließt er, selbst ein Held zu werden, um Shadow Star zu beeindrucken. Widerwillige Hilfe bekommt er dabei von seinem besten Freund Seth. Wird Nick Shadow Stars Herz erobern oder erkennt er, dass seine wahre große Liebe eigentlich schon die ganze Zeit an seiner Seite ist?

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Ein neues Genre, ein neues Abenteuer

T.J. Klune und seine Werke begleite ich bereits seit ein paar Jahren. Dabei habe ich Mr. Parnassus‘ Heim für Magisch Begabte und Das unglaubliche Leben des Wallace Price ungemein genossen. Beide Bücher erzählen jedoch von Protagonisten, die eher das Alter meiner Eltern haben als meines. Nichtsdestotrotz haben mich ihre Erfahrungen und Erlebnisse emotional mitgenommen und zugleich hoffnungsvoll zurückgelassen. Umso gespannter war ich nun, diesen Young Adult-Roman in Angriff zu nehmen, der zugleich der Auftakt einer Trilogie ist. Ich war mir sicher, dass mich Klune erneut begeistern können würde. Da er bisher jüngere Charaktere ebenfalls sehr glaubhaft geschrieben hat, habe ich mir auch aufgrund des Alters der Protagonisten keine Sorgen gemacht. Ich bin mir sicher, T.J. Klune auch in andere Genre folgen zu würden.

 

Superhelden und andere Außergewöhnlichen

Das Buch wird recht treffend mit einem Auszug aus der Fanfiction unseres Protagonisten begonnen. So erhalten wir nicht nur einen Einblick in die Welt, in der er lebt, sondern auch in seine Affinität für die Superhelden. Nicks Welt ist unserer nicht unähnlich, hat aber neben den Marvel-Superhelden auch non-fiktive Außergewöhnliche mit besonderen Fähigkeiten. Obwohl wir schnell auch den Medienberichten zu diesen ausgesetzt sind, kommen wir auch schnell in Nicks recht gewöhnlichem Schulalltag an. Dort lieben ihn seine besten Freund*innen–Jazz, Gibby und Seth–sind aber auch ein wenig von seinem fanatischen Engagement mit Shadow Star überfordert. Da hinzu kommt, dass Nicks Gehirn auf Hochtouren arbeitet. Klune hat uns an seinen Gedanken gekonnt teilhaben lassen und repräsentiert mit Nick auf sehr nachvollziehbare Weise Neurodiversität. Besonders rührend war an dieser Stelle Seths Versicherungen, dass mit Nicks absolut nichts falsch ist, und sein Verständnis angesichts Nicks auch noch so springender Gedankengänge.

 

Freundschaft und mehr

Seth und Nicks Freundschaft war definitiv mein Highlight dieses Buches. Zwar bestehen bereits seit wir sie kennenlernen gewisse Spannungen und unbeantwortete Fragen zwischen ihnen, doch wir können genau nachvollziehen, warum sie aufeinander bauen. Zumindest ist Seth ungemein verständnisvoll und ein wundervoller Zuhörer, während Nick wohl die stärkste Charakterentwicklung vollzieht. Wir erleben diese erste Geschichte mit starkem Fokus auf Nick, wenn auch nicht durch seine Augen. Deswegen wird den Leser*innen schnell klar, dass die beiden Gefühle füreinander haben. Dass Nick jedoch absolut blind dafür ist, ist einerseits unterhaltsam, andererseits aber auch ein wenig zäh. Hinzu kommt noch, dass sich ein großes Geheimnis durch das ganze Buch zieht und wir Außenstehenden einige klare Theorien aufstellen. Nick hingegen ist anfangs sehr von sich selbst und seinen Fantasien eingenommen, sodass er den Hinweisen keine Aufmerksamkeit schenkt. Die Geschichte über ihn zu erleben, zugleich aber mehr zu wissen, hat mich für gute 50 bis 100 Seiten durchaus genervt. Ich war mir sicher, dass der Autor meinen musste, dass wir keine der Hinweise deuten können.

 

Überraschende Wendungen

Angesichts meiner schnell entwickelten Theorien hoffte ich lange für eine Wendung, die das Buch noch retten würde. Zum Glück habe ich genau das bekommen. War ich mir sehr sicher, was vor sich geht, hat mich T.J. Klune doch geschickt hinters Lichts geführt und meine Hoffnung in diese Geschichte somit rehabilitiert. Sowohl die erblühende Liebesgeschichte zwischen Seth und Nick, als auch die Superhelden in dieser Welt werden gekonnt und auf die beste Weise verkompliziert. Nach und nach erhielten wir zudem nicht nur ungeschickte, eher zum Augenverdrehen einladende Begegnungen zwischen unseren Protagonisten, sondern auch solche die mein Herz zum Schnellerschlagen brachten und mich sogar laut auflachen ließen. Nick entwickelt sich in dieser Geschichte allein ungemein weiter und hält sicher auch in den kommenden beiden Bände noch einige Überraschungen für uns parat. Zum Glück erscheint Band 2 bereits Mitte Juni, denn nach diesem Epilog und Zusatzkapitel wird jede weitere Woche eine kleine Qual!

 

Weitere komplexe und rührende Beziehungen

Seth ist nicht der einzige Charakter, zu dem Nick eine tiefgreifende Beziehung aufbaut. Tatsächlich hat Klune zahlreiche komplexe Nebencharaktere entworfen. Von Anfang an hat mich die Weise, wie er mit seinem Vater scherzt, aber auch streitet, ungemein mitgenommen. Da die beiden ihre Mutter/Ehefrau verloren haben (Content-Warnung: Verlust, Tod), haben sie einiges gemeinsam durchgestanden. Ihre Interaktionen wirkten auf mich sehr authentisch und haben mich vielleicht sogar mehr als alles andere durch die Seiten getragen. Auch Ofens (Nicks Ex) Auftreten war komplex und hat mich bis zum Schluss immer wieder hin und hergerissen. Ich hoffe, dass wir von ihm noch mehr in den kommenden Bänden sehen dürfen. Zu guter Letzt geht auch noch ein stolzer Shoutout an Jazz und Gibby raus, die unserem Helden tapfer zur Seite stehen. Ich liebe die Dynamik in dieser Freundschaftsgruppe, denn sie ist nicht immer glatt, nicht immer friedlich, aber durchweg rührend und realistisch. Ich freue mich darauf, mit ihnen allen noch auf viele weitere Abenteuer zu gehen.

 

Fazit

Nach einem wundervollen Einstieg, aber einem bald eher vorhersehbar erscheinenden Mittelteil konnte mich dieser Auftakt zum Schluss durchaus noch überraschen und von sich überzeugen. Ich habe Nick und Seth ins Herz geschlossen, bin sowohl auf sie als auch ihre Freundinnen ungemein stolz und dadurch ungemein gespannt auf ihre kommenden, sicherlich erneut wendungsreichen Abenteuer.

 

 


Der Autor:

Im Alter von sechs Jahren griff T. J. Klune zu Stift und Papier und schrieb eine mitreißende Fanfiction zum Videospiel »Super Metroid«. Zu seinem Verdruss meldete sich die Videospiel-Company nie zu seiner verbesserten Variante der Handlung zurück. Doch die Begeisterung für Geschichten hat T. J. Klune auch über dreißig Jahre nach seinem ersten Versuch nicht verlassen. Nachdem er einige Zeit als Schadensregulierer bei einer Versicherung gearbeitet hat, widmet er sich inzwischen ganz dem Schreiben. Für die herausragende Darstellung queerer Figuren in seinen Romanen wurde er mit dem Lambda Literary Award ausgezeichnet. Mit seinem Roman »Mr. Parnassus‘ Heim für magisch Begabte« gelang T. J. Klune der Durchbruch als international gefeierter Bestsellerautor. Q

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