Im Alter von zwölf Jahren kennt Paul die Liebe schon. In der Mitte seines Lebens weiß er weniger denn je, wie er sie leben soll.
Ein halbes Leben lang erkundet Paul die Liebe, mit Giovanni, Maud und Chloé, im Sommerurlaub in Italien und in New York City. Er liebt bedingungslos und ohne Kompromisse, gibt sich seinem Gegenüber vollkommen hin. Der neue Roman des Bestsellerautors von ›Call Me By Your Name‹ ist ein sinnliches und intimes Porträt eines unerschrocken Begehrenden, der anderen Menschen außergewöhnlich nahe kommt.
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Meine Meinung
Nach dem Beenden dieses Buches war ich mindestens eine Stunde nicht in der Lage, etwas anderes zu tun, als zu liegen und meine Gedanken kreisen zu lassen. Erneut hat mich ein Roman des Autors vollkommen eingesogen und nach der letzten Seite vollkommen verlassen, verwirrt und doch bis tief ins Herz berührt zurück gelassen. Die Geschichte über Paolo/Paul und die Beziehungen, die sein Leben, so scheint es beinahe, bestimmt haben, hat mich mit sehr vielen verschiedenen Emotionen erfüllt. Das Außergewöhnliche daran ist, wie André dem Leser nur einzelne Episoden aus Pauls Leben präsentiert, nur Bruchteile einer großen Geschichte, die mit seinen fünf Lieben, daher der deutsche Buchtitel, in Verbindung stehen. Und selbst in diesem Bruchstücken gibt es mit Gewissheit nicht alle Informationen, die man sich als Leser zu der einen oder anderen Situation wünschen würde. Da wir einzig und allein Pauls Gedanken und deren Spielen folgen, ist es dem Autor ein Leichtes, den Leser wieder und wieder zu überraschen und zu schockieren.
Wir machen uns Illusionen über unsere Lebensentwürfe, ohne zu bemerken, dass es Illusionen sind – das ist ja das Schöne daran: Sie ankern uns im Lebe, ohne die leiseste Ahnung unsererseits, dass wir aus die Unveränderlichkeit des Lebens vertrauen. – S.54
Wir als Leser begleiten Paul durch viele, viele Jahre seines Lebens, durch emotionale Höhen und Tiefen, durch Trennung und eben erst erwachte Gefühle, zumindest insofern der Autor es möchte. Wir erhalten nur einen eingeschränkten, wenn auch sehr kritischen Blick auf Pauls Verhalten, gefiltert durch seine Augen. Was ich besonders gut und abwechslungsreich an diesem Roman finde, ist, wie Paul nicht als Moralapostel dargestellt wird, wie es bei anderen Protagonisten oftmals der Fall ist. Man versteht seine Beweggründe äußerst gut und kann seinem Handeln zugleich dennoch nicht zugetan sein. Er ist ein Mensch, weder durchweg gut, noch schlecht, und diese tiefgründige und detailreiche Darstellung eines Charakters weiß ich an Andrés Werken immer sehr zu schätzen.
Bedauern heißt, dass wir uns auf etwas freuen, das wir längst verloren und eigentlich nie besessen haben. Bedauern ist Hoffnung ohne Überzeugung, sagte ich. – S.262
Doch nicht nur der Charakter von Paul ist für mich etwas Besonderes an diesem Buch. Ich liebe jede einzelne, italienisch belassene „Übersetzung“ im ersten Kapitel, jede überraschende Wendung, jedes verliebte Prickeln, jedes Mal, wenn ich Paul gerne ohrfeigen würde, jede Seite, auf der ich glaube, dass André so vielen Menschen, besonders mir direkt aus der Seele schreibt. Einige Parallelen zu Andrés wohl bekanntesten Buch Call me by your name konnte ich vor allem in dem ersten Kapitel entdecken, während Paul in den weiteren Kapiteln bereits älter ist als Elio im Großteil des Buches ist, was ich sehr interessant, aber dann wiederum abwechslungsreich finde.
Mein Fazit
Anders als Call me by your name, aber nicht weniger berührend, verwirrend und mitreißend. Eine reifere und noch mehrschichtigere Schilderung eines Charakters und dessen Lieben – Liebesbeziehungen, die sein Leben auf verschiedenste Weisen beeinflussen, lenken und bewegen.
André Aciman
geboren 1951 in Alexandria, studierte Komparatistik in Harvard. Er ist Romancier, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft, zudem schreibt er für verschiedene New Yorker Zeitungen. Sein Roman ›Call Me By Your Name‹ war ein internationaler Bestseller und wurde in einer OSCAR-prämierten Verfilmung adaptiert. Q